Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen

Geschrieben von Marwa Neghat am
Redaktioneller Beitrag Lesedauer

Künstliche Intelligenz (KI) wird bereits seit Jahrzehnten diskutiert und rückt im Zuge der Digitalisierung immer mehr in den Fokus. KI wird in vielen unterschiedlichen Branchen, wie beispielsweise in der Automobilindustrie, genutzt und für Innovationen und neue Technologien eingesetzt. Das Gesundheitswesen bleibt dabei nicht außen vor. Doch was ist künstliche Intelligenz eigentlich und wie funktioniert sie? Wie kann KI im Gesundheitswesen genutzt werden und welche Gefahren birgt sie in der Gesundheitsversorgung?

Was versteht man unter künstlicher Intelligenz (KI)?

Für den Begriff „künstliche Intelligenz“ (englisch: Artificial Intelligence) liegt bisher keine eindeutige Definition vor. Dies ist u.a. dem Begriff der „Intelligenz“ geschuldet, da dieser sich ebenfalls nicht konkret definieren lässt. In der Theorie ist KI, wie der Name schon sagt, die Imitation menschlicher Intelligenz durch Computer. KI-Systeme sollen menschliches Handeln imitieren, indem sie lernen und Probleme lösen. Charakteristische Eigenschaften von KI-Anwendungen sind die Selbstständigkeit und Anpassungsfähigkeit des Systems.

Man unterscheidet dabei zwischen schwacher KI und starker KI. Ersteres soll dem Menschen als Unterstützung dienen, indem es konkrete Lösungsvorschläge, mit Hilfe von intelligenten Algorithmen erarbeitet und bestimmte Aufgaben ausführen kann. Letzteres ist dabei das, was die Forschung versucht zu erreichen. Diese starke KI beschreibt die komplette Nachahmung menschlicher Intelligenz.

Wie funktioniert KI?

Es gibt unterschiedliche Methoden und Anwendungen bei der Nutzung von KI. Einer der häufigsten Methoden der künstlichen Intelligenz ist das Maschinelle Lernen (oder: Machine Learning). Durch Machine Learning lernen Systeme aus ihren gemachten Erfahrungen und verbessern anhand dessen die Durchführung ihrer Aufgaben. Hierfür benötigt das System große Datenmengen, die analysiert und verarbeitet werden können. Anhand dieser Datenmengen kann das System Muster erkennen, daraus Regeln und Aussagen ableiten und diese als Basis für Problemlösungen und eigenständige Handlungen nutzen. Ein Beispiel für Machine Learning sind Röntgenbilderanalysen.

Ein Teilgebiet des Machine Learning ist das Deep Learning (oder: Tiefes Lernen). Durch Deep Learning sollen KI-Anwendungen, so die Theorie, wie die neuronalen Netzwerke des menschlichen Gehirns funktionieren. Dabei soll das System das menschliche Gehirn durch künstliche, neuronale Netze imitieren. Diese künstlichen neuronalen Netze nutzen große Datenmengen, welche zunächst für das System aufbereitet werden müssen. Diese werden dann von der KI verarbeitet, beurteilt und schließlich werden daraus Schlussfolgerungen abgeleitet. Diese dienen als Basis für die Handlungen des KI-Systems.

Einsatz von KI-Systemen im Gesundheitswesen und in der Medizin

Laut dem Philips Future Health Index von 2019 nutzen ca. 40% der medizinischen Fachkräfte in Deutschland KI-Systeme, von denen 70% damit zufrieden sind. Die Nutzung von künstlicher Intelligenz im klinischen Alltag reicht dabei von der Terminplanung von Mitarbeitern und Patienten bis hin zur Diagnostik, Patientenüberwachung und Unterstützung bei der Erstellung von Behandlungsplänen.

Große Datenmengen sind vor allem in Krankenhäusern zu finden - tagtäglich werden tausende neue Daten generiert. Diese riesigen Datenmengen sind ideal geeignet für KI-Systeme. Besonders die Radiologie, bei der es um die Aufnahme, Verarbeitung und Auswertung von Röntgenaufnahmen geht, kann bei Routineaufgaben mit Hilfe von programmierten KI-Anwendungen unterstützt und entlastet werden. Künstliche Intelligenz kann bspw. auf Röntgenbildern schon die kleinsten Auffälligkeiten erkennen und analysieren. Hierbei ist jedoch die Qualität und Größe der Datenmengen entscheidend. 

Anhand von Analysen großer Datenmengen durch KI-Systeme kann die Produktivität von Verwaltungs- und Organisationsabläufen im klinischen Alltag unterstützt und Ressourcen optimal genutzt werden. Bildanalysen können mit Hilfe von künstlicher Intelligenz präziser und schneller erfolgen und Entscheidungsfindungen für Behandlungen und Diagnosen erleichtern. Fachkräfte und Ärzte können die hierdurch zusätzlich gewonnene Zeit für die Arbeit mit dem Patienten nutzen.

Die Schattenseite der künstlichen Intelligenz

Auch wenn künstliche Intelligenz viele Einsatzmöglichkeiten und Chancen in der Behandlung bietet, hat die KI auch ihre Grenzen. Der Einsatz von KI-Systemen sollte vor allem im Gesundheitswesen und in der Medizin mit Vorsicht erfolgen, da es um die Behandlung von Menschen und deren Gesundheit geht. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Beziehung zwischen Arzt und Patient durch Diagnosen und Analysen anhand von KI-Systemen immer mehr entmenschlicht wird. Zusätzlich sollte der Einsatz einer KI auch von einer ethischen Perspektive betrachtet werden. Wo muss eine Grenze bei der Nutzung von KI bzgl. der Patientenbehandlung gezogen werden und wann ist die Nutzung nicht mehr ethisch vertretbar?

KI-Systeme lernen durch Erfahrungen und durch vorhandene Datenmengen. Für präzise Bildanalysen und Diagnosen müssen KI-Systeme die notwendigen Datenmengen erst einmal vorliegen haben. Doch was geschieht, wenn sich das System in einer ihm unbekannten Situation befindet und diesbezüglich keine Daten zur Verfügung stehen hat? Wie wird das System handeln? Liegen nicht genug große und qualitativ hohe Datenmengen vor, kann die Fehlerquote bei der Analyse der Daten relativ hoch ausfallen. Im schlimmsten Fall wird ein Menschenleben dadurch gefährdet.

Beim Einsatz und der Entwicklung von KI-Anwendungen dürfen außerdem die damit verbundenen Ressourcenaufwendungen nicht außer Acht gelassen werden. Die Erforschung sowie Programmierung einzelner KI-Anwendungen nimmt zeitliche und finanzielle Ressourcen in Anspruch. Zudem muss das Personal aus- bzw. weitergebildet werden, um die für die Nutzung der KI-Systeme nötige Digitalkompetenz aufzubauen. Des Weiteren ist ein entscheidender Aspekt, dass diese Systeme in den Arbeitsablauf des Personals integriert werden müssen, um einen reibungslosen Ablauf gewährleisten zu können.

Demnach gilt es, all diese Ressourcenanforderungen in ihrer Verhältnismäßigkeit abzuwiegen und zu klären, wie diese Ressourcen und Maßnahmen finanziert werden können. Außerdem müssen mögliche Gefahren und Risiken, die durch den Einsatz von KI-Systemen auftreten können, gründlich analysiert und Maßnahmen entwickelt werden. Bei allen Maßnahmen muss stets die Patientensicherheit an erster Stelle stehen.

Eigene Meinung

Künstliche Intelligenz kann in vielen Branchen und Bereichen eine Innovation und Erleichterung von Arbeitsabläufen und sogar einen Wettbewerbsvorteil bieten. Jedoch unterscheidet sich das Gesundheitswesen maßgeblich von anderen Branchen. Hier geht es um die Gesundheit von Menschen und damit um Menschenleben. Patientenbezogene Daten sind zudem besonders sensibel zu behandeln. Der Einsatz von KI im Gesundheitswesen muss gründlich geplant werden und ethisch zulässig sein. Risikoabschätzungen der eingesetzten KI-Anwendungen sind notwendig, um mögliche Gefahren und Risiken vorzubeugen. Es muss eine klare einheitlich geltende Strategie entwickelt werden, die den Datenschutzbestimmungen gerecht wird. Außerdem gilt es, die Digitalkompetenz in der Belegschaft durch Aus- und Weiterbildungen zu fördern, um mit KI-Systemen optimal umgehen zu können. Letzendlich wäre es empfehlenswert, erkenntlich zu machen, ob und welche Entscheidungen auf Basis von künstlicher Intelligenz getroffen wurden, um mit diesen bewusster und vorsichtiger umgehen zu können.

 

Quellen:

Philipps Future Health Index 2019 (2019): https://www.philips.de/a-w/about/news/archive/standard/news/2019/20191217-philips-future-health-index-2019.html

Eric Topol (2019): Deep Medicine - How Artificial Intelligence Can Make Healthcare Human Again

Bildnachweis: Andy

Schlagworte

Künstliche Intelligenz, KI, KIS-Systeme, Gesundheitswesen, KI-Anwendungen, Deep Learning, Big Data

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